Bayerns Vorstoß auf Erhöhung der Freibeträge bei der Erbschaftssteuer ist im Bundesrat gescheitert. Außer Hessen und Sachsen waren die übrigen Bundesländer dagegen. Es bleibt also bei den bisherigen Freibeträgen, beispielsweise 500.000 € für den Ehepartner bzw. 400.000 € für Kinder.
Nun will Bayern eine verfassungsrechtliche Klärung in Karlsruhe herbeiführen.
Erbschaftssteuer fließt den Ländern zu
Hintergrund ist, dass die Erbschaftssteuer den Bundesländern zufließt. Damit ist sie eine Landessteuer, für die der Bund jedoch im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit Gesetze erlassen kann. Macht der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch, kann er die entsprechende Materie auf Bundesebene regeln. Dies ist bei der Erbschaftssteuer geschehen.
Keine Regionalisierung
Sowohl die Steuersätze als auch die Freibeträge sind damit bundeseinheitlich geregelt. Die oben genannten Freibeträge gelten seit 2009 und wurden seitdem nicht mehr geändert. Die letzte Änderung davor fand im Jahr 1996 statt.
Warum Freibeträge?
Bei der Erbschaftssteuer wird die Weitergabe von Vermögen besteuert. Meistens erfolgt diese Weitergabe innerhalb der Familie.
Schaut man sich die Historie der Erbschaftssteuer in Deutschland an, so war die Rechtslage ab 1906 so, dass die ehelichen Kinder sowie der Ehepartner steuerfrei blieben. Für diese waren daher auch keine Freibeträge notwendig.
Im Laufe der Jahre gab es jedoch mehrere Gesetzesänderungen. Zunächst wurden die Kinder der Erbschaftssteuer unterworfen, dann auch der Ehepartner.
Die Historie zeigt, dass man nahe Verwandte, insbesondere den Ehepartner als auch die Kinder des Erblassers, steuerrechtlich besser stellen wollte. Dass diese jedoch grundsätzlich von der Erbschaftssteuer ausgenommen sind, ist schon seit den fünfziger Jahren nicht mehr der Fall.
Besserstellung durch Freibeträge
Die Besserstellung erreicht man durch die Gewährung entsprechender Freibeträge.
Damit bleiben „durchschnittliche“ Erbschaften in der Familie in der Regel steuerfrei. Dies gilt zum Beispiel für das oft bemühte „kleine Häuschen von Oma“.
Freibeträge sollen sicherstellen, dass solche Erbschaften in der Familie steuerfrei bleiben und kein Vermögen verwertet werden muss, um eine Steuerschuld begleichen zu können.
In der Tat bestehen viele Erbschaften zum großen Teil aus Immobilien. Nun haben Immobilien in den letzten 20 Jahren vor allem im Süden Deutschlands sowie in den Ballungsgebieten erhebliche Wertsteigerungen erfahren.
Aktuelle Freibeträge könnten zu knapp bemessen sein
Der Freibetrag in Höhe von 400.000 € kann daher für ein Haus in Bayern sehr knapp werden.
Der Vorstoß Bayerns zielte darauf ab, auf diese Entwicklung Rücksicht zu nehmen. Wenn man als Ziel des Freibetrags definiert, dass ein Einfamilienhaus steuerfrei übertragen werden kann, so ist zuzugeben, dass dann gegebenenfalls eine Regionalisierung der Freibeträge notwendig ist. Die Verkehrswerte von typischen Einfamilienhäusern sind von Bundesland zu Bundesland ja sehr verschieden. Allerdings ergeben sich auch regionale Unterschiede innerhalb Bayerns beispielsweise. Fraglich ist, wie hierauf reagiert werden könnte.
Die Gegenseite könnte argumentieren, dass eine Erbschaft mit Immobilien in Bayern einfach mehr wert ist und daher gegebenenfalls auch eine (teilweise) Besteuerung gerechtfertigt sein könnte.
Fehlende Berücksichtigung der Inflation
Ein weiteres Problem ist die fehlende Berücksichtigung der Inflation. Wie bereits ausgeführt, wurden die Freibeträge zuletzt 2009 und davor im Jahr 1996 angehoben. Damit ist der letzte Erhöhungsschritt nunmehr schon 14 Jahre her. Die aktuelle Initiative zur Erhöhung der Freibeträge ist im Bundesrat gescheitert; mit einer zeitnahen Erhöhung wird nicht mehr gerechnet.
Die Niedrigzinspolitik der EZB der letzten Jahre hat insbesondere zu einer Inflation der Vermögenspreise (in erster Linie bei Immobilien) geführt. Eine Anpassung der Steuergesetze an die Inflation findet entweder gar nicht oder nur in geringem Umfang statt. Weiteres Beispiel hierfür ist die kalte Progression bei der Einkommensteuer.
Dies bedeutet letztlich eine de facto Steuererhöhung, ohne dass die Steuersätze erhöht werden müssen. Es handelt sich hierbei um ein strukturelles Problem bei demokratischen Entscheidungsprozessen: Der Staat hat grundsätzlich ein Interesse an hohen Steuereinnahmen. Gleichzeitig sind Steuererhöhungen politisch heikel. Steuererhöhungen durch die Hintertür sind daher nicht ganz unbeliebt.
Hieraus erklärt sich, warum das Problem bei den Freibeträgen nicht dauerhaft durch einen automatisierten Inflationsausgleich gelöst wird. Eine solche Koppelung wäre machbar und wird bspw. bei Mieterhöhungsklauseln auch praktiziert.