Bei BU-Versicherungen kommt es sehr stark auf die einzelnen Vertragsbestimmungen an, wenn es zum Versicherungsfall kommt.
Viele BU-Versicherungen sehen die abstrakte Verweisung vor: Danach muss das Versicherungsunternehmen dann keine BU-Rente zahlen, wenn der Versicherte einen anderen zumutbaren Beruf ausüben kann.
Abstrakte Verweisung nachteilig
Diese Bestimmung ist natürlich für den Versicherten nachteilig, deshalb sollte ein solcher Vertrag gar nicht erst abgeschlossen werden.
Besteht jedoch bereits eine BU-Versicherung mit abstrakter Verweisung, so muss der Versicherte im Leistungsfall genau prüfen, wie er vorgeht:
Die Aufzeigelast
Zunächst kann der Versicherte vortragen, er könne gar keine andere Tätigkeit ausüben.
In diesem Fall trifft das Versicherungsunternehmen die sog. Aufzeigelast: Es muss einen oder mehrere Berufe benennen, die der Versicherte ausüben kann und muss dabei die „prägenden Merkmale“ nennen. Hierzu zählen die üblichen Arbeitszeiten, Entlohnung, notwendige Fähigkeiten wie körperlicher Einsatz und technische Hilfsmittel.
In einer gerichtlichen Auseinandersetzung bedeutet das:
„Der Vortrag zum Verweisungsberuf muss so konkret sein, dass er es dem Versicherungsnehmer ermöglicht, ihn mit konkreten Beweisangeboten zu bekämpfen.“
(OLG Hamm Urt. v. 4.5.2018, Az.: 20 U 178/16)
Das Versicherungsunternehmen hat hierzu wie folgt vorgetragen:
„Auf den Hinweisbeschluss des Senats hin hat die Klägerin eine „berufskundliche Stellungnahme“ (GA 586) überreicht, in der sie vorträgt, konkrete Angaben zu Umfang und Häufigkeit von beispielsweise Überkopfarbeiten könnten nicht gemacht werden, weil dies abhängig sei von der technischen Ausstattung der jeweiligen Einrichtung und von den individuellen Fähigkeiten des Hausmeisters.“
(OLG Hamm Urt. v. 4.5.2018, Az.: 20 U 178/16)
Im entschiedenen Fall hat der Vortrag des Versicherungsunternehmens hierzu nicht ausgereicht:
„Solange aber nicht feststeht, in welchem konkreten Umfang Zwangshaltungen einzunehmen sind, kann der Kläger den Negativbeweis, dass er die jeweilige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben kann, nicht sinnvoll führen. Da die Beklagte also die genaue Häufigkeit und Dauer, in welcher der Kläger bei einer Tätigkeit als Hausmeister Zwangshaltungen einnehmen müsste, nicht vorgetragen hat, ist wegen der sie treffenden Aufzeigelast zu ihren Lasten von dem danach (auch) möglichen Maximum auszugehen.“
(OLG Hamm Urt. v. 4.5.2018, Az.: 20 U 178/16)
BU-Rente retten
Hier ergeben sich entsprechende Möglichkeiten für den Versicherten trotz abstrakter Verweisung seine BU-Rente noch zu retten:
Zunächst sollte dargelegt werden, dass vom Versicherten keine andere Tätigkeit ausgeübt werden kann.
Benennt das Versicherungsunternehmen dann Berufe, die nach seiner Ansicht der Versicherte ausüben kann, ist genau darauf zu achten, wie konkret diese Beschreibung ausfällt. Bei jedem Berufsbild muss aus Sicht des Versicherten genau geprüft werden, ob hierin einzelne Tätigkeiten enthalten sind, die gerade nicht vom Versicherten ausgeübt werden können.
Auf die konkrete Tätigkeit kommt es an
In vielen Fällen ergibt sich dann wohl ein gemischtes Bild, die meisten Berufsbilder umfassen unterschiedliche Tätigkeiten:
So muss ein Hausmeister – um im o.g. Beispiel zu bleiben – administrative Aufgaben als auch körperliche Aufgaben erfüllen. Die körperlichen Aufgaben des Hausmeisters fächern sich dann weiter auf in solche mit leichter körperlicher Tätigkeit und solchen, wo bestimmte Haltungen eingenommen werden müssen oder der Körper bestimmten Belastungen ausgesetzt ist.
Wenn nur in Bezug auf eine bestimmte Art von Tätigkeit die Berufsunfähigkeit gegeben ist, muss weiter geprüft werden, ob diese einzelne Tätigkeit unverzichtbarer Bestandteil der gesamten Berufsausübung ist.
Im o.g. Beispiel ging es darum, ob der Hausmeister in der Lage sein muss, hauswirtschaftlich anfallende Arbeiten durchzuführen wie zum Beispiel das Wechseln einer Glühbirne an einer Deckenleuchte. Dies hat das Gericht bejaht. Für solche Arbeiten wird kein spezieller Fachmann angefordert. Wenn solche Tätigkeiten also nicht ausgelagert werden, sind sie unverzichtbarer Bestandteil der Berufsausübung. Liegt in Bezug auf eine solche Tätigkeit Berufsunfähigkeit vor, kann der Beruf insgesamt nicht ausgeübt werden.
Dementsprechend hat das Gericht auch den Anspruch auf eine Berufsrente bejaht.