Zielvereinbarungen in deutschen Krankenhäusern

Patienten, die in ein deutsches Krankenhaus eintreten glauben, dass die nachfolgende Behandlung an ihrem Patientenwohl orientiert ist. Ein Blick hinter die Kulissen offenbart, dass dieser Glaube nicht berechtigt ist.


Zielvereinbarung

Grund sind unter anderem die so genannten Zielvereinbarungen, die die Krankenhausbetreiber mit ihren Chefärzten abgeschlossen haben. Mittlerweile sind solche Zielvereinbarungen in Chefarztverträgen üblich. In vielen Chefarztverträgen finden sich daher Formulierungen wie zum Beispiel:

 

„Sofern der Arzt die in der Zielvereinbarung festgelegten Fallzahlen erreicht, erhält er zusätzlich einen variablen Bonus nach folgender Maßgabe: ... “

 

Beigefügt wird dann eine Tabelle, in denen die zu erreichenden Fallzahlen für eine bestimmte Operationsart festgelegt werden.

 

So kann zum Beispiel vereinbart werden, dass der Chefarzt einen Bonus von 50.000 EUR pro Jahr erhält, wenn 80 Hüftoperationen im Berichtszeitraum durchgeführt werden.

 

Wenn Sie nun als Patient Nr. 80 kurz vor Ablauf des Berichtszeitraums mit Problemen an der Hüfte das Krankenhaus aufsuchen, kann es durchaus sein, dass Ihnen eine medizinisch nicht notwendige Hüftoperation empfohlen wird.

 

Ich sage nicht, dass Hüftoperationen generell nicht sinnvoll sind. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die finanziellen Rahmenbedingungen im deutschen Krankenhauswesen dafür sorgen, dass Operationen auch aus rein finanziellen Interessen der Krankenhausbetreiber durchgeführt werden.

 

 Dass diese Rahmenbedingungen, hier in Form von Zielvereinbarungen, gesetzlich zulässig sind und von allen Beteiligten des Gesundheitswesens sogar gefördert werden, ist ein trauriger Umstand. Hier sollte sich grundlegend etwas ändern.


Gesetzesänderung

Ein erster Schritt ist hierzu im Jahr 2013 gemacht worden. Der Gesetzgeber hat in § 137 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB V geregelt, dass in den Qualitätsberichten der Krankenhäuser anzugeben ist, ob Zielvereinbarungen bestehen und ob diese den Empfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft/Bundesärztekammer entsprechen. Tun sie dies nicht, ist anzugeben „für welche Leistungen leistungsbezogene Zielvereinbarungen getroffen wurden“.

 

Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, jedoch keinesfalls ausreichend.

 

Aber schon gegen diese überschaubare Gesetzesänderung hat intensives Lobbying stattgefunden. So hat sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft sowohl dagegen gewehrt, dass es einheitliche Empfehlungen für Zielvereinbarungen überhaupt gibt. Ebenso war man dagegen, dass in bestimmten Fällen veröffentlicht werden muss, für welche Leistungen Zielvereinbarungen getroffen wurden. Man kann sich daher vorstellen, mit welchen Widerständen bei einer weitergehenden Transparenz zu rechnen ist.

 

Wünschenswert wäre eine generelle Offenlegungspflicht der Krankenhausbetreiber über die abgeschlossenen Zielvereinbarungen. Noch besser wäre es, aber wahrscheinlich nicht durchsetzbar, Zielvereinbarungen im Gesundheitswesen generell zu verbieten.

 

Aber schon mit der generellen Offenlegung wäre den Patienten geholfen. So könnte sich jeder Patient im Internet oder auch durch einen zentralen Aushang im Krankenhaus informieren, ob sein Krankenhaus mit Zielvereinbarungen arbeitet.


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